Stadt­ent­wick­lung- und Umwelt­aus­schuss dis­ku­tiert Klimanotstand

Ruft Hal­tern den Kli­ma­not­stand aus? Das war die heiß dis­ku­tier­te Fra­ge am letz­ten Don­ners­tag im Stadt­ent­wick­lung- und Umwelt­aus­schuss. Sowohl ein Hal­ter­ner Bür­ger als auch die Frak­ti­on der Grü­nen hat­ten ent­spre­chen­de Anträ­ge im Früh­som­mer gestellt.

“Man kann sich nur ver­wun­dert die Augen rei­ben”, so unse­re Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Bea­te Plie­te. Eine Mehr­heit aus CDU, WGH und FDP lehn­te den Kli­ma­not­stand ab, stimm­ten aber dann dem Ves­ti­schen Kli­ma­pakt zu, der eine ver­gleich­ba­re Ziel­set­zung hat. Bereits in der Aus­schuss­sit­zung wur­de von Teil­neh­men­den gemut­maßt, dass aus rein par­tei­tak­ti­schen Grün­den die Zustim­mung ver­wei­gert wur­de. Bea­te Plie­te kom­men­tier­te: “Wort­klau­be­rei­en hel­fen uns doch nicht wei­ter. Wir als SPD-Frak­ti­on wer­den mit­hel­fen, dass die ambi­tio­nier­ten Kli­ma­zie­le öko­lo­gisch und öko­no­misch sinn­voll, aber auch sozi­al abge­wo­gen, um die Men­schen nicht zu über­for­dern, ange­gan­gen werden.” 

Wir dru­cken hier den Wort­bei­trag unse­rer Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den zur Beschluss­vor­la­ge 19/110 ab:

Die Vor­la­ge 19/110 befasst sich mit zwei Anträ­gen zur „Aus­ru­fung des Kli­ma­not­stan­des“. Die Beschluss­vor­la­ge ist mit Datum vom 24.9.2019 um den Antrag mei­ner Frak­ti­on zur Unter­stüt­zung des Ves­ti­schen Kli­ma­pak­tes ergänzt wor­den. Sie umfasst nun­mehr 5 Punk­te. Ich bean­tra­ge hier­mit die Ein­zel­ab­stim­mung der Punk­te 1 – 5.

Ein Rück­blick, der nicht in Anspruch nimmt, voll­stän­dig zu sein: Bereits vor mehr als 12 Jah­ren for­mu­lier­te mei­ne SPD-Frak­ti­on Anträ­ge zur Berück­sich­ti­gung und Ein­hal­tung des kli­ma­ti­schen Wan­dels: Stich­wor­te sind Öko­stadt, Solar­pakt, LED-Beleuch­tung, Akti­on-Kli­maP­lus usw. Letzt­lich mün­de­te die ein oder ande­re Idee in das Kli­ma­schutz- und anpas­sungs­kon­zept, wel­ches wir 2012 beschlos­sen haben. In die­sem Kon­zept wird mehr­fach betont, dass der Kli­ma­wan­del die Erde ver­än­dern wird und wir han­deln müs­sen. Die Not­wen­dig­keit ist unbe­strit­ten erkannt. Die span­nen­de Fra­ge, der wir uns alle stel­len müs­sen: Tun wir genug?

Die glo­ba­le Erd­er­wär­mung gibt es nicht erst seit Gre­ta Thun­berg und Fri­days for future. Aber Frau Thun­berg gibt der Bewe­gung ein Gesicht, sie ist die Stim­me der Men­schen, die in ehr­li­cher Sor­ge um die­sen Pla­ne­ten sind. Wir begrü­ßen die vie­len guten Denk­an­stö­ße, die die­se Bewe­gung lie­fert.

 Die Welt­be­völ­ke­rung ist auf­ge­for­dert, dem Pari­ser Kli­ma­schutz­ab­kom­men Fol­ge zu leis­ten. Heu­te zwei­felt die Wis­sen­schaft, dass die Bun­des- und Lan­des­re­gie­run­gen genug tun, um die ambi­tio­nier­te Zie­le, die Begren­zung des Anstiegs der glo­ba­len Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur auf deut­lich unter 2 °C über dem vor­in­dus­tri­el­len Niveau und Anstren­gun­gen, um den Tem­pe­ra­tur­an­stieg auf 1,5 °C über dem vor­in­dus­tri­el­len Niveau zu begren­zen, zu erreichen.

 Das Kli­ma­schutz und ‑anpas­sungs­kon­zept  bot bereits seit 2012 ver­schie­de­ne Ansatz­punk­te und ist bis heu­te, für uns als SPD-Frak­ti­on, ein wich­ti­ger Leit­fa­den poli­ti­schen Han­delns. Auch ein Grund, war­um wir die von Grü­nen und CDU durch­ge­setz­te Maß­nah­me an der Stadt­müh­len­bucht, die einen erheb­li­chen Kahl­schlag im alten, schüt­zens­wer­ten Baum­be­stand bedeu­te­te, nicht mit­ge­tra­gen haben. Heu­te atmet dort Beton!

Daher darf die Fest­stel­lung des „Kli­ma­not­stan­des“ nicht nur ein sym­bo­li­scher Akt des Rates sein, son­dern muss sich im akti­ven Han­deln von Poli­tik und Ver­wal­tung wider­spie­geln. Eini­ge Bei­spie­le, die unse­rer Mei­nung nach jetzt zeit­nah ange­gan­gen wer­den müs­sen: geeig­ne­te Maß­nah­men zur Auffor­s­tung von Misch­wäl­dern, die Ent­sie­ge­lung ver­schlos­se­ner Flä­chen als schüt­zen­de Maß­nah­me bei Stark­re­ge­n­er­eig­nis­sen, mehr Ange­bo­te für den nicht moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr, Stär­kung des ÖPNV, Ein­stel­lung eines Kli­ma­ma­na­gers, Auf­klä­rung zur Müll­ver­mei­dung oder auch die Kom­plett­um­stel­lung auf LED-Straßenbeleuchtung.

Jetzt kön­nen wir lan­ge dar­über lamen­tie­ren, wie das,  was wir alle offen­bar wol­len, Kli­ma­not­stand oder cli­ma­te emer­gen­cy oder Kli­ma­pakt hei­ßen soll. Dar­um geht es doch nicht. Hier geht’s um den Inhalt. Des­halb appel­lie­re ich an die Ver­tre­te­rIn­nen der CDU, WGH, FDP sich dem Bür­ger­an­trag bzw. dem Antrag der Grü­nen anzu­schlie­ßen und den Punkt 1 der heu­ti­gen Beschluss­vor­la­ge abzu­leh­nen. Es gibt genü­gend Bei­spie­le, wo Sie mit Begriff­lich­kei­ten wie Pfle­ge­not­stand, Not­haus­halt oder Not­ki­ta­grup­pen auch kei­ne Scheu zur Ver­wen­dung des Wor­tes NOT haben. Der Begriff kenn­zeich­net Hand­lungs­be­darf! Und dass es die­sen gibt, da sind wir uns doch einig!

Die Kom­mu­ne hat als Insti­tu­ti­on Vor­bild­cha­rak­ter. Wir haben die Pflicht, die Men­schen bei die­sem Pro­zess mit­zu­neh­men. Des­halb bin ich Herr Dr. Har­ren als Stand­ort­lei­ter des Che­mie­park dank­bar für die Vor­stel­lung der Pro­jek­te. Bei­spiel­haft möch­te ich nur den zeit­na­hen Ersatz des Koh­le­kraft­werks durch eine Gas- und Dampf­tur­bi­ne nen­nen, wel­ches allei­ne eine Ein­spa­rung von mehr als einer Mil­li­on CO2/anno aus­ma­chen wird. Das ist das rich­ti­ge Zei­chen und zeigt, dass auch die Indus­trie ihren Bei­trag leis­tet und leis­ten wird. Wir als SPD-Frak­ti­on spre­chen mit der IGBCE, mit dem Betriebs­rat des Stand­or­tes, denn wir wis­sen, dass wir Ein­hal­tung der ambi­tio­nier­ten Kli­ma­zie­le nur schaf­fen wer­den, wenn wir die öko­lo­gi­sche und öko­no­mi­sche Auf­ga­be mit der sozia­len Auf­ga­be verknüpfen. 

Wir wis­sen, nicht jeder kann umge­hend ein altes  stark emit­tie­ren­des Die­sel­fahr­zeug gegen ein kli­ma­freund­li­che­res Auto zu tau­schen. Das darf nicht ver­teu­felt wer­den. Bei aller Not­wen­dig­keit, dem Kli­ma­schutz bei allen Ent­schei­dun­gen zu berück­sich­ti­gen, dür­fen die vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men die Bür­ge­rIn­nen nicht überfordern.



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