Am 24. September 2017 hat Deutschland einen neuen Bundestag gewählt. Bisher ist es Kanzlerin Angela Merkel trotz eines klaren Regierungsauftrages nicht gelungen, eine handlungsfähige Regierung zusammenzusetzen. Nach intensiven Gesprächen von CDU/CSU, FDP und Grünen sind diese Parteien gescheitert.
Aus dem “Was nun Frau Merkel?” wurde ein Auftrag an die SPD, sich ihrer staatspolitischen Verantwortung bewusst zu sein, durch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier formuliert. Diesem Auftrag ist die SPD nach intensiven Diskussionen auf einem Bundesparteitag (Dezember 2017) mit dem Ziel ergebnisoffen in eine Sondierung zu gehen, gefolgt. In der zweiten Januarwoche sondierten CDU/CSU und SPD eine Woche lang. Das Sondierungsergebnis stellen wir hier vor. Ergebnis_Sondierung_CDU_CSU_SPD_120118
Der Bundesvorstand sieht das Ergebnis positiv:
- Ein demokratisches, solidarisches und soziales Europa: Mit sozialen Mindeststandards, Angleichung der Unternehmensbesteuerung, Kampf gegen Steueroasen und dem Ende der einseitigen Sparpolitik.
- Sichere Arbeit, gute Löhne, eine innovative Wirtschaft: Mit einem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, regionale Strukturförderung in Ost und West, Mindestausbildungsvergütung und einem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für Frauen und Männer, die lange schon keine Arbeit gefunden haben.
- Echte Gleichberechtigung von Frauen und Männern: Mit dem Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit und auf Ganztagsbetreuung in Kita und Schule. Und mit sozialen Berufen, die aufgewertet werden – und vor allem auch besser bezahlt!
- Mehr für Familien: Mit Steuerentlastungen für kleine und mittlere Einkommen und dem Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut. Mit gebührenfreien Kitas, der Aufhebung des Kooperationsverbots und mit Kinderrechten im Grundgesetz.
- Sichere Renten und ein faires Gesundheitssystem: Mit einem stabilen Rentenniveau, der Grundrente und der Parität in der Gesetzlichen Krankenversicherung.
- Mehr Investitionen: Mit dem flächendeckenden Ausbau des schnellsten Internets und mehr Geld für Straßen und für die Kommunen. Erstmalig soll es ein Klimaschutzgesetz mit ambitionierteren Zielen geben. (Kursiv Quelle: SPD)
Viele Mitglieder an der Basis sehen das Ergebnis wesentlich kritischer. Besonders die Beibehaltung der Zwei-Klassen-Medizin, die Nicht-Abschaffung der Sachgrundlosen Befristung, das Schaffen einer Obergrenze beim Thema Flüchtlinge sowie auch die zeitlich sehr begrenzte Sicherheit bei der Rente bis 2025 und der damit verbundene Ausbau der privaten Altersvorsorge oder auch die fehlende echte Scharfstellung der Mietpreisbremse entsprechen nicht dem sozialdemokratischen Wertecanon.
Sicher, die SPD ist mit einem 20%-Ergebnis aus der letzten Bundestagswahl hervorgegangen und kann nicht davon ausgehen, 100 % ihrer Politik umzusetzen. Doch die entscheidende Frage bleibt, ob das in den Sondierungen Erreichte ausreichend stabil für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ist. Der SPD-Kreisverband Recklinghausen hat sich auf einem Parteitag im November letzten Jahres bereits gegen eine erneute Regierungsbeteiligung ausgesprochen. Die Delegierten des Kreisverbandes müssen nun auf dem Bundesparteitag am 21.1.2018 in Bonn für JA oder NEIN stimmen.
Falls im Anschluss Koalitionsverhandlungen anstehen sollten, entscheidet am Ende ein SPD-Mitgliederentscheid über die Regierungsbeteiligung.
Halterns Vorsitzende Beate Pliete wird am Bundesparteitag am 21. Januar in Bonn teilnehmen. “Für mich überwiegen zurzeit die negativen Aspekte des Sondierungsergebnisses und viele der bereits positiv bewerteten Punkte stehen tatsächlich leider unter einem Prüfvorbehalt. Laut der Verhandler stehen für die Legislatur rund 45 Milliarden € ohne neue Schulden zu machen zur Verfügung. Rechnet man das vorgestellte Paket zusammen, kommen wir schon bei knapp 46 Milliarden € aus und dabei ist Europa und der Brexit noch nicht kalkulatorisch einbezogen. Ich fürchte daher, dass viele gute Vorhaben (z. B. Entlastung der Kommunen) aus dem Prüfvorbehalt plötzlich nicht mehr finanzierbar sein wird.”
Am 10.1.2018 diskutierte der Vorstand der SPD Haltern am See intensiv verschiedene Optionen von GroKo bis noGroKo. Einig war man sich, dass mögliche weitere Gespräche nur unter Willy Brandts Motto “Es hat keinen Sinn, eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.” stehen sollten.